Kurt Schneider (1887–1967)

Kurt Schneider erlangte 1912 den medizinischen Doktortitel, 1921 wurde er zudem mit einer Arbeit zur „psychologischen Phänomenologie von Liebe und Mitfühlen“ bei Max Scheler zum Dr. phil. promoviert. Schneider verfolgte einen Ansatz analytisch-verstehender Phänomenologie. Mit seiner „Klinischen Psychopathologie“ (1946) schrieb er das lange Zeit maßgebliche Standardwerk der psychologischen Medizin.

1931 wurde Schneider Direktor des Klinischen Instituts der DFA. Zum Nationalsozialismus hielt er Abstand. Obwohl er als führender Experte auf dem Gebiet der „psychopathischen Persönlichkeiten“ gelten konnte, entzog er sich der Versuchung, auf dem Wege wissenschaftlicher Beratung Einfluss auf die NS-Erbgesundheitspolitik auszuüben. Zu der Frage, ob „Psychopathen“ dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ unterworfen werden sollten, schwieg er demonstrativ. Die vorschnelle Gleichsetzung von „Psychopathen“ und „Asozialen“ lief seiner „Pathocharakterologie“, die sich aller Wertungen zu enthalten versuchte, zuwider.

Berufungen auf Lehrstühle in Hamburg, Halle und Breslau lehnte Schneider ab, was ihm den Ruf „politischer Unzuverlässigkeit“ eintrug. Von 1939 bis 1942 war er als Oberstabsarzt und Beratender Psychiater der Wehrmacht tätig, danach arbeitete er als Chefarzt der psychiatrischen Abteilung des Städtischen Krankenhauses München-Schwabing. 1945 wurde er Ordinarius für Psychiatrie und Neurologie an der Universität Heidelberg.